Montag, April 29, 2002
Amok IV: Jetzt auch Wahlkampfthema bei Christens
Beckstein findet offenbar, daß sich der Erfurter Amoklauf hervorragend zum Wahlkampf eignet und auch sonst sind die Unionspositionen schon geklärt: Stoiber will wild verbieten (die Sinnhaftigkeit hab ich ja schon unten erwähnt) und auch der SPD fällt eigentlich nichts anderes ein als zu überlegen "wie weit man die Gewaltverherrlichung im Fernsehen, auf Videospielen und dergleichen verbieten kann" (Peter Struck im ZDF).
Einigkeit also über die böse Macht von Computerspielen und Video, aber was lese ich bei Spiegel:
Zugleich warnte Innenminister Schily davor, "alle Schützen- und Schießsportvereine unter Generalverdacht zu stellen".
Aaaah ja! Genau, Metal, Shooter-Games und Video sind generell für die Schlechtigkeit der Jugend verantwortlich, aber die Leute, die mit echten Waffen herumballern und das dann "Sport" nennen, muß man freilich differenziert betrachten. Wie kommt es nur, daß sich Ballerspiele tausendfach verkaufen ohne daß die Leute deswegen in Massen auf den Straßen herumrennen und sich abknallen, aber jeder(!!!!) Amokschütze der jüngeren Vergangenheit das Schießen mit echten Waffen halbwegs legal gelernt hat?
Hierzu unbedingt lesen: Zeitbombe Schützenvereine
Als 11. September 2001 mit Flugzeugen gemordet wurde, spekulierte man am 12. September, dass die Terroristen am PC trainiert haben könnten In Wirklichkeit waren sie in Pilotenschulen. Wann immer ein Jugendlicher durchdreht, wird als erstes von Computerspielen und Videofilmen gesprochen. Doch das Schießen haben alle jugendlichen Amokläufer woanders gelernt(...)
Aber wenn ein Stoiber Ehrenvorsitzender der "königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft Wolfratshausen" ist, auf deren Homepage man von einer 45er begrüßt wird, und deren Mitglieder sicherlich eher Union wählen als der Slipknot-Fanclub braucht man sich nicht wirklich fragen, warum man in der Politik wieder mal derart gekonnt das Thema verfehlt.
Noch ein letztes Zitat, diesmal wieder aus dem Spiegel:
"Wir müssen uns klar machen, dass es sich auch bei einem öffentlich tolerierten Schulverweis um eine aggressive Handlung handelt. Wenn sie nicht begleitet und aufgearbeitet wird, kann sie zu unvorhersehbaren Handlungen führen. (...) Schulische Strafmaßnahmen aber und der Umgang mit ihnen müssen eingehend überdacht werden. Dabei muss man wissen, dass drastische Strafen ohne Alternativen in der Regel nicht zu Verhaltensänderungen führen." (Diplompsychologe Steffen Fliegel) von Jens Scholz direct link
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