Stoppt die Vorratsdatenspeicherung! Jetzt klicken && handeln!Willst du auch bei der Aktion teilnehmen? Hier findest du alle relevanten Infos und Materialien:

Montag, März 24, 2003

Die Oscars
ich hab jedes Jahr die Oscars aufgenommen. Und jedes Jahr doch nicht geschaut, weil am andern Tag durch die Zusammenfassungen, an denen ich nicht vorbei kam, die Spannung raus war. Daher hab ich heute mal durchgemacht (ohne Urlaubstag heute - bin ja kein Mädchen) und es hat sich gelohnt: Ich fand es sehr spannend, wie zum Teil gar bravurös man die Gratwanderung zwischen Unterhaltung und der Kriegssituation geschafft hat. Ohne die Hysterie platter Pamphlete, wie es sie bei MTV-Verantaltungen so gibt wurde relativ wenig Zweifel daran gelassen, dass hier keine Zustimmung zu finden ist zum Kriegskurs der Bush-Regierung. ABC versuchte zwar, eine Richtung vorzugeben, indem ein ziemlich blöder Introfilm eingespielt wurde, der auf den Patriotentrigger zielte, das führte allerdings m.E. dazu, den Unterschied zur tatsächlichen Veranstaltung noch sichtbarer zu machen.
Steve Martin hatte eine herrliche Intro-Rede mit ein paar schönen Zoten über die üblichen Verdächtigen (Jack Nicholson und Meril Streep mussten ziemlich viel erdulden, beide sind inzwischen die meistnominierten Schauspieler), Derbheiten über Kollegen und das Business und doch auch mal einem politischen Gag ("Stars are either Democrats or...ehm" - "Everyone supported me to host the Oscars - except for france and germany of course").
Dann hab ich mich das erste Mal gefreut: "Spirited Away" besiegte Disney und Dreamworks völlig zu Recht - auch wenn man Cameron Diaz beim Vorlesen der Nominierungen nicht anschauen konnte. Visual Effects ging natürlich an The Two Towers. Keanu Reeves überreichte ziemlich lustlos und man sah das erste Mal, was passiert, wenn jemand die 45 Sekunden Redezeit überschritt - die Musik setzt ein und wird immer lauter, bis zum Schluss sogar das Mikro im Boden verschwindet. Egal, interessiert eh nur Geeks.
Der erste interessantere Oscar kam danach: Best Supporting Actor. Frau Connelly erschien in ernstem schwarz (hab ich mal erwähnt, dass ich sie seit Labyrinth immer wieder gerne sehe?) und war die erste, die den angekündigten "Dresscode" für stillen aber sichtbaren Protest gegen den Krieg vorführte, auf den sich einige Schauspielerinnen geeinigt hatten. Sehr edel, gefiel mir gut. Gewonnen hat Chris Cooper, was ich nicht beurteilen kann, weil ich aus Abneigung gegen Nicholas Cage Adaption wohl nicht sehen werde (Hey, der spielt sogar eine Doppelrolle, da hat der Film bei mir keine Chance!). Er war denn auch der Erste, der sein Bedauern über die Kriegspolitik auch verbal äusserte.
Dann wurde klar, dass Chicago dieses Jahr wohl den Hypewar gewonnen hat (immerhin haben die über 20 Millionen Dollar nur für die Oscar-Werbung investiert), denn einen Preis für Art Direction hat er nicht wirklich verdient, die Kostüme (auch dafür ging der Oscar an Chicago) und Sets haben sich ja eigentlich nur an die Musicalvorlage gehalten. Jeder andere nominierte Film hätte in beiden Kategorien den Oscar mehr verdient. Catherine Zeta-Jones und Queen Latifa sangen dann auch ein Liedchen daraus, das interessateste daran war allerdings, dass Queen Latifa ausnahmsweise dünner war als die hochschwangere Zeta-Jones. Ein wenig erinnerte mich der Auftritt an den Gasanschlag auf Isaac Hayes vor einigen Jahren, wo er in den dicken Schwaden eines etwas Amok gelaufenen Nebelwerfers völlig verschwand. Nur dass man diesmal wohl vergessen hat, das Licht anzumachen und die vielen viel zu hektischen Hupfdolls ständig vor die Gesichter der beiden Sängerinnen sprangen. Der Effekt war derselbe, man sah nicht viel von den beiden.
Frau Garner (die mich grade mit Alias begeistert) hatte eine nette Präsentation zusammen mit Mickey Mouse (fragt erst gar nicht) für die beiden Kurzfilmkategorien. Es gewann Chubbchubbs, den ich glaube ich vor Men in Black II gesehen habe. Naja, war nett aber nichts besonderes. Die anderen Nominierten fand ich auch hier alle besser. Von den Live Action Kurzfilmen hab ich keinen einzigen gesehen. Irgendwelche Dänen haben gewonnen und sich etwas konfus bedankt.
Tja, und dann wurde klar, dass wohl musikalisch nicht viel zu erwarten ist. Paul Simon langweilte mit öder Lala. Danach bekam Frida den ersten Oscar wie erwartet fürs Make Up. Dann kam "The man with the same name as the former James Bond actor Sean Connery" auf die Bühne und übergab Catherine Zeta-Jones den Female Supporting Role Oscar. Ich fand ihn overstyled mit den Rüschen, Astrid fand schick. Frau Jones rollte auf die Bühne und krächzte eine süsse Dankesrede. Das war der erste richtige Oscar-Moment des Abends, auch wenn das natürlich etwas Schmuh war, denn ihre Rolle ist ja eigentlich eine der drei Hauptrollen des Films. Die Nonimierung in dieser Kategorie war somit etwas unfair, denn die anderen Nominierten hatten freilich wesentlich weniger Screentime.
Dann kam wieder ein verdienter Oscar (wobei den auch wirklich jede Nomination verdient hätte), erfreulicherweise für Elliot Goldenthals Score für Frida. Die Frau ohne Augen (Renee Zellweger) präsentierte. Julie Christie erinnerte an 75 Jahre Musikeinlagen bei Oscarverleihungen, der Clip beinhaltete dann irgendwie vor allem die Skurrilitäten, was ich ganz prima fand (komische Tänze und Kostüme in Massen, und der Kanada-Song aus South Park war auch dabei), aber die bisherigen Einlagen noch öder erscheinen liess.
Dann kam Salma. Mit ihrem süssen Akzent stellte sie die Foreign Language Kategorie vor: Nirgendwo in Afrika gewinnt! Grossartig, schade dass Karoline Link nicht da war, ihr Baby ist krank (ich hoffe, nichts ernstes) und da blieb sie zu Hause. Ich muss mal schauen, ob das nicht jemand als Protest uminterpretiert.
Eines der besseren Lieder des Abends, aus Frida, kam dann gleich auch noch (allerdings nicht grade optisch berauschend) und nach ein paar Nebenkategorien (Hillary Swank sieht übrigens jedes Jahr beschissener aus) dann mein persönliches Highlight: Documentary Feature. Und Michael Moore gewinnt, bekommt einen tosenden Applaus mit standing ovation (die aber irgendwie inflationär ausfielen dieses Jahr) und er kommt auf die Bühne und nutzt die Gunst der Minute, um einen Mords-Auftritt hinzulegen. Er holte alle Mitnominees auf die Bühne und erklärte, dass sie alle sich mit "Non-Fictional" Themen befassen und daher ganz gut unterscheiden können, was "Fictional" ist: Und die Gründe, mit denen da gerade im Namen der USA von einer nicht gewählten Regierung ein Krieg geführt werde, seien ganz klar "fictional", Bush sollte sich schämen, "Deine Tage sind gezählt" ruft er noch in die nach seinen 45 Sekunden aufbrandende Musik, der Saal kocht, es gibt Pfiffe, Applaus, ein paar Buhs und viele anfeuernde Rufe. Was für eine Show, Moore mischte mit seiner unachahmlichen Direktheit die Veranstaltung ordentlich auf - was sicher keinen überraschte.
Dass der Short Documentary Oscar an "The Twin Towers" ging, hatte danach keiner recht mitbekommen. Kamera ging wie erwartet an Conrad Hall, dann gaben U2 "The Hands That Built America" (war ok - gewann aber dann nicht) und Schnitt ging an Chicago (gähn - an dieser Stelle wurds dann bissel langweilig mit diesem Film). Die Verstorbenenliste war diesmal richtig lang, Horst Buchholz war dabei. Susan Sarandon kam (in schwarz), las kühl den Text dazu ab und ging wieder. Mehr als ein Victory-Zeichen gabs von ihr nicht, was mich etwas überraschte, immerhin ist sie eine der Initiatorinnen der Not In Our Name-Kampagne. Steve Martin leitete herrlich ins Programm zurück: "This was so moving, I hope that i'm up there someday!"
Verdient ging der Oscar für die beste männliche Hauptrolle an Adrian Brody (The Pianist), der eine wunderbare Dankesrede hielt, die sehr lustig begann und sehr bewegend mit einem Plädoyer für den Frieden endete. Er schaffte es als einziger, das Orchester zu stoppen, um seine Rede zu beenden.
Dustin Hoffmann kündigte mit Grabesstimme The Pianist als Nominee des besten Films an. Ich dachte, er wollte nicht kommen, nachdem Martin Sheen und George Clooney offiziell nicht eingeladen wurden. Will Smiths Absage hatte ja schon einen ordentlichen Wirbel verursacht. Barbra Streisand (in schwarz) stellte die Best Songs vor und erinnerte daran, wie wichtig Meinungsfreiheit ist. Gewonnen hat der Pseudorebell Eminem, der damit das tut, was weisse Musiker schon immer tun: Mit Musik der schwarzen so richtig fett Kohle machen. Ein Glück, dass der nicht da war.
Peter O'Toole hat seinen Ehrenoscar dann doch noch angenommen, irgendwie kams aber seltsam rüber. Nicole Kidmans krumm geschminkte Nase gewann die Best Female Kategorie und sie stammelte sich irgendwohin, wo ich ihr nicht folgen konnte. Beim Satz "I always wanted to make my mom proud" langte sich besagte Mom denn auch an den Kopf. :-)
Der Academy Präsident versucht sich dann auch noch ein wenig unglücklich an Kriegskritik und spricht ausgerechnet das Irakische Volk an, doch schnell wieder Frieden zu schliessen. Ich wüsste niemanden, der weniger mit diesem Krieg zu tun hat geschweige denn es weniger in der Hand hat, die Situation zu ändern, als das irakische Volk, aber nehme den guten Willen zur Kenntnis. Olivia de Havilland stellte dann einen Haufen ehemaliger Oscargewinner einzeln vor (über sechzig), das war aber ganz interessant und ich frage mich, mit welchem Dämon Mickey Rooney einen Pakt geschlossen hat, der ist ja offenbar einfach nicht totzukriegen. The Pianist kriegte noch einen Oscar fürs Screenplay und Aldomovar für Talk To Her. Auch er nutzte die Situation für ein paar ganz klare Worte gegen den Bush-Krieg.
Dann gabs nur noch die zwei Königskategorien: Beste Regie gabs für Roman Polanski (der natürlich nicht da war), was ok ist, aber dass Scorsese für die Gangs dadurch völlig leer ausging war schon arg tragisch. Denn auch der beste Film ging nicht an ihn, sondern an Chicago (gähn). Die Verlesung erledigten Kirk und Michael Douglas sehr originell: Kirk Douglas spricht inzwischen etwas besser, nach seinem schweren Schlaganfall vor einigen Jahren musste er ja komplett neu sprechen lernen, und machte nach seinem Part einen Gag, indem er Michael ermahnte, bitte deutlich zu reden. Wirklich süss. Auch wenn der letztlich gewählte "beste Film des Jahres" diesen Titel nicht unbedingt verdient hat.
Tja, und das wars, es war viertel nach sechs, ich haute mich noch zwei Stunden aufs Ohr und bin dann arbeiten gegangen. Heute abend fall ich wahrscheinlich um sieben ins Bett.
von Jens Scholz   direct link     
 
.. jens scholz ..

personal news in undefinierter dringlichkeit, wichtigkeit oder thematik .. ein subjektives log als experiment, wie lange dinge, die wichtig erscheinen, es in wirklichkeit bleiben ..


.. archiv ..
  .. zum archivindex
  .. aktuell

.. mehr futter ..
  .. über.mich
  .. mein.twitter
  .. meine.videos
  .. meine.musik
  .. meine.fotos
  .. mein.galaxies.blog
  .. kein.halma.blog
  .. mein.xing
  .. mein.facebook
  .. mein.delicious
  .. mein.soup.io
  .. mein.posterous
  .. mein.qype
  .. mein.renderosity
  .. mein.myspace
  .. meine.webcam
  .. meine.mailadresse
  .. seite drucken
  .. disclaimer

.. lesbare logs ..
  .. juggernaut invasion
  .. doc rollinger
  .. hirnschmelze
  .. ulrich janus
  .. isablog
  .. herr frick
  .. thomas thayer
  .. wetterdistel
  .. sven
  .. axonas
  .. habitsoftheheart
  .. larissa
  .. schicksen
  .. udo
  .. stephan
  .. homomagi
  .. marrak

  .. one take tapes
  .. valerie
  .. annalist
  .. nilz
  .. ukkult
  .. alarmschrei
  .. udos lawblog
  .. mediaclinique
  .. van vanity
  .. vasili
  .. merlix horoskop
  .. termo
  .. das nuf
  .. frapp.antville
  .. pepa
  .. ronsens
  .. lisa neun
  .. dekaf
  .. new joerg times
  .. anke gröner
  .. don dahlmann
  .. batzlog
  .. jaqueline godany
  .. miss caro
  .. thomas knüwer
  .. kaltmamsell
  .. rushme
  .. cynx
  .. fabi
  .. hinterding
  .. ntropie
  .. schmitzchen
  .. wirres
  .. schwadroneuse
  .. lila
  .. nerdcore
  .. b.l.u.b.
  .. sebas
  .. boris schneider
  .. titania carthaga
  .. bov
  .. nice bastard
  .. e-script
  .. blogpiloten
  .. fireball
  .. sixtus
  .. miagolare
  .. spreeblick
  .. mc winkel
  .. svenk
  .. toomuchcookies
  .. haltungsturner
  .. kaliban
  .. spiegelfechter
  .. djundee
  .. bernd
  .. zenzizenzizenzic

  .. stranger
  .. thomas nephew
  .. miss wurzel tod
  .. vowe dot net
  .. bruce schneier
  .. neil gaiman
  .. warren ellis
  .. boing boing
  .. wil wheaton
  .. ron gilbert
  .. silent bob speaks
  .. mobys journal
  .. cats and dogs

.. desktop ..

.. del.icio.us links ..
.. shop ..

Site Feed

how not2bseen: wie man seine privatsphäre schützen kann