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Samstag, Juni 21, 2003

Antisemitismus I
Josh machte in den Kommentaren ein paar Bemerkungen, die mich dazu bringen, mal näher auf das Thema Antisemitismus einzugehen.
Zuerst einmal hat mich verwundert, dass die Lehrpläne heutzutage offenbar dem dritten Reich nicht mehr den dafür, dass es sich hier um eine der immer noch einflussreichsten Zeiten deutscher Geschichte handelt, notwendigen Platz zur Verfügung stellen, wie es noch zu meiner Schulzeit war. Das finde ich fatal. Man hatte das ja nicht etwa deswegen so breit behandelt, weil es darum ging, uns ein schlechtes Gewissen zu machen für Geschehnisse, für die wir keine Verantwortung tragen, sondern weil unsere heutige Gesellschaft nun mal alle vergangenenen Weltbilder und auch deren Vorurteile immer noch in sich trägt (das hat jener Kanzler, der die "Gnade der späten Geburt" erfunden hat, aber nicht kapiert). Und wie soll man die heutige Gesellschaft, in der man lebt, denn verstehen, wenn nicht dadurch, dass man den Weg, der zu dieser geführt hat, nachvollziehen kann? Und wie kann man deren Vorurteile erkennen und vermeiden, wenn man sie nicht mehr erklärt sondern im gesellschaftlichen Unterbewusstsein vor sich hin gammeln lässt?
Es ist z.B. durchaus wichtig, zu wissen, warum Deutschland eines der wenigsten Länder ist, das Staatsbürgerschaft auf "Blutlinien" vergibt statt auf den tatsächlichen Geburtsort. Und warum dieser Umstand so eng mit diesem hohen Mass an Ausländerfeindlichkeit verbunden ist, das in diesem europäischen Land mit einem vergleichsweise sehr geringen Ausländeranteil herrscht (Ich seh schon, das Thema kommt auch nochmal an die Reihe).
Antisemitismus nun funktioniert, wie auch Chauvinismus und Rassismus, über Klischeebilder. Deren gibt es über Juden viele und sie widersprechen sich zum Teil völlig: Die ältesten dieser Klischees kommen aus dem gerade christianisierten Rom und sind religiös geprägt, weshalb man sich auch einig ist, dass die christliche Kirche in letzter Instanz die Hauptverursacher des weltweit einzigartigen Phänomens ist, dass eine komplette Volksgruppe seit Jahrhunderten mit einem derartig miesen Image leben muss. Eine sehr laue Entschuldigung dafür gab es vor zwei Jahren vom Vatikan. Diese Klischees sind die des "Gottesmörders" und auf das aufbauend jede Menge andere, die mit grotesken und bösartigen Lügen über ihre Religionsausübung Juden als Ritualmörder und Kindsentführer verunglimpften. Nun sollte man meinen, so plumpe Lügen würden mit der Zeit aussterben, aber selbst diese Klischees wurden von den Nazis weiter aufrecht gehalten. Man stellte z.B. das Schächten als eine hinterhältige Form von Tierquälerei dar, die die Feigheit und Skrupellosigkeit der Juden beweisen sollte.
Weitere antisemitische Klischees entstanden je nach Bedarf in der gesellschaftlichen Entwicklung der letzten Jahrhunderte: Der Jude wurde gleichzeitig zum Stereotyp des Kapitalisten genauso wie zum die Gesellschaft zersetzenden Kommunisten. Er wurde zum Zerrbild des feigen Intellektuellen, dersich vor Verantwortung (und vor allem vor dem Wehrdienst) drückt wie auch zum zionistisch-tumben Agressor, der mit Waffengewalt skrupellos sein Land erweitert. Dass sich diese Bilder völlig widersprechen zeigt, dass es letztlich gar nicht darum geht, Handlungen einzelner Personen oder einzelne Vorgänge an sich zu kritisieren, sondern den Juden jeden Weg in die Normalität "unserer" Gesellschaft zu verbauen: Denn wie ers macht ist es verkehrt - es wartet immer ein Klischee auf ihn. Egal was er tut, er tut es, weil er "nunmal Jude" ist und kein Mensch wie Du und ich.
Antisemitismus ist die negative, verzeichnende Darstellung von Juden, sowohl Allgemein wie auch von Einzelpersonen, wobei beides sich bedingt: Die Negativkraft der Bezeichnung "Jude" wird durch allgemeine Klischees, wie sie z.B. Möllemann mit dem des heimlichen Einflusses der Juden auf die Medien genährt hat ("Es muss erlaubt sein, in der Öffentlichkeit die Israelische Regierung zu kritisieren" impliziert ja die Aussage, dass es nicht erlaubt wird. Von wem? Vom jüdischen Kraken, der die Medien heimlich unterwandert und beherrscht). Diese Negativwertung kann danach benutzt werden, um einzelnen Personen (wie nun z.B. Michel Friedman) die geballte diskriminierende Kraft dieses Begriffs anzuhängen, indem man lediglich immer wieder erwähnen muss, dass er Jude ist. Das ist im Prinzip die Wirkungsweise des Antisemitismus: Nicht die direkte Kritik an einer repressiven Politik in Israel ist daher das, was vor einem Jahr als antisemitisch bezeichnet wurde. Antisemiten versuchen aber natürlich, genau diesen Eindruck zu erwecken, um wieder das nächste Klischee zu bedienen (Beherrschung der Medien), was ihnen leider sehr leicht fällt, denn es gibt so viele Klischees, dass man jederzeit auf ein passendes anderes zurückgreifen kann.
Die Absicht dahinter ist, seitdem die Christlichen Kirchen damit begonnen hatten, immer dieselbe: Die Juden sollen aus dem Weltentwurf ausgeschlossen werden. Sie sollen sich gefälligst raushalten, ein möglichst unauffälliges Profil entwickeln und wenn mal einer etwas auffälliger wird, dann "darf der sich nunmal nicht wundern", wenn er abgeschossen wird, sobald sich die Gelegenheit bietet. Man liest den Spruch "Wer hoch fliegt, fällt tief" im Zusammenhang mit Friedman ja momentan überall. Dass aber "gerade Juden" gefälligst nicht hoch zu fliegen haben entspricht genau der Zielsetzung des Antisemitismus und jeder anderen Form der Ausgrenzung.
Das dritte Reich hat dieses Ziel physisch bislang am ernsthaftesen verfolgt, aber den Antisemitismus erfunden hat es nicht. Weshalb es auch nichts nutzt, es nun langsam aber sicher in der Geschichte verschwinden zu lassen, der Antisemitismus verschwindet nicht mit ihm.
von Jens Scholz   direct link     
 
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