Donnerstag, Juli 06, 2006
Abgebrüht - Das making of
Ich habe für die aktuelle Ausgabe von Mindestenshaltbar einen Artikel geschrieben, der mir sehr am Herzen liegt, weil er indirekt mit meinen Kindern zu tun hat. Daß ausgerechnet am Geburtstag meines älteren Sohnes der Artikel online gegangen ist ist für mich eine nachträgliche Bestätigung dafür, daß ich das Richtige geschrieben habe.
Entstanden ist er ein wenig ungewöhnlich. Die Anfrage kam überraschend, eine nette Mail, ob ich Lust dazu hätte. Das Thema sei "Bruchstücke". Jetzt fand ich das einerseits natürlich toll. Andererseits wußte ich mit dem Thema erstmal gar nicht anzufangen und wälzte es ein wenig hin und her, ohne daß mir etwas einfiel worüber ich gerne schreiben würde, das ich dann aber mit der Brechstange in diese Richtung biegen müsste. Zum Thema selbst fiel mir zwar auch was ein, das war mir dann aber zu trivial oder zu offensichtlich, ich wollte ja schon was schreiben, was einen Bezug zu mir hatte.
Ich entschied mich für einen Kompromiss: Ich wollte ein aktuelles Thema aufgreifen, den zwanzigsten Jahrestag des Chernobyl-Unfalls. Da weiß ich gut Bescheid, da war ich "dabei", das Thema Bruchstücke passte zu den Erinnerungen daran und so war der Bezug auch persönlich, auch wenn mich das Thema Atomkraft eigentlich momentan emotional überhaupt nicht interessiert.
Ich dachte mir, um das Thema herauszuarbeiten, wäre es eine gute Idee, mal meine alten Tagebücher dazu anzuschauen. Allerdings fand ich zuerst mein allererstes aus dem Jahr 1982. Da fiel mir ein, daß ich mich ja schon einmal mit dem Thema beschäftigt habe und dachte "Prima", das Thema ist ja damit richtig gut getroffen.
dann las ich eine Stunde Tagebücher. Zwei Stunden. Und vielleicht lags an den zwei Martini on ice dabei, aber ich wurde sehr wütend, denn ich las viel von Wut über ignorante Erwachsene. Mir fiel ein, daß mein Sohn nur etwas älter ist als ich es war, als ich enthusiastisch über unser Atomkraft-Projekt in der sechsten Klasse auslies. Und er ist nicht mehr weit von dem Alter entfernt, in dem ich mir bitterst den Ekel vor dieser Erwachsenenwelt von der Seele schrieb.
Und dann war mein Thema plötzlich ein ganz anderes, es war sehr vage in meinem Hinterkopf, aber ich wusste, wenn ich jetzt den Artikel schreibe, wird es am Ende auf demPapierBildschirm stehen. Und so wars, ich habe den Artikel in 20 Minuten geschrieben, ohne zu wissen, ob ich am Ende irgendwo herauskomme. Aber es passte alles, sogar die Pointe sitzt. Ich habe ihn zur Korrektur nur noch ein Mal durchgelesen und sofort fortgeschickt. Keine Ahnung, ob man da alkoholbedingt noch viele Fehler korrigieren musste (wenn ja, sorry), ich habe seit dem nicht mehr reingesehen, nur heute eben wieder, wo er online steht. Und er gefällt mir. Auf den Artikel bin ich richtig stolz. von Jens Scholz direct link
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