Sonntag, September 24, 2006
Wenn man den Zug nicht mit der Hand anhalten kann,
dann tut man eben so als schubst man ihn an. So ähnlich ist mein Eindruck, wenn ich über irgendwelche Konferenzen und Tagungen höre und lese, auf denen vermeintlich wichtige Menschen sich vermeintlich wichtig äußern. Vermeintlich wichtig äußert man sich m.E. dann, wenn man in der Pauschalisierungsskala in den Sphären ganz oben ansetzt. Da wo das Denken noch ganz frei und von Fakten oder Wissen ungetrübt blasen wirft. Da wo man sich ganz locker mal über 99komma9 Prozenz unterhalten kann und die Themensoße in möglichst globale, weil zur Not immer irgendwie passenden, Grundsätzlichkeiten eingießt (dabei landet der kalte Kaffee schonmal im Weinglas).
Meistens werden dabei im Grunde wenig spannende Nebenerkenntnisse durch einen gesunden Tunnelblick verzerrt bizarr aufgepustet und als "Trend" präsentiert. Wenn dabei ein "stating the obvious" zur Entdeckung des "next big thing" erklärt wird, nenn ich das auch gerne mal Horxen.
Letztendlich aber haben diese ganzen Cords und Mariacrons und von Matts und Horxe dieses Landes doch ein riesen Problem (und jetzt state ich hier mal das offensichtliche) mit dem Bloggen und dem ganzen Webzwonull Dings:
Diese in ihrer Selbstwahrnehmung zu einer Art Elite der Werbung, der PR und des Journalismus gehörenden Menschen meinen ja, sie müssen die sein, die die Themen setzen. Die News machen. Die Meinung steuern. Den Zug aufgleisen. Die Trends bestimmen. Und jetzt ist da dieses Internet in das inzwischen jeder ungefragt reinschreibt, wenn er will und diese Inbreeding-Herrenriege (ich gehen davon aus, daß es vor allem Männer sind, die diese Kontrollneurosen beruflich umsetzen) sitzt da und hat über fünf Jahre nicht mitbekommen, daß da ein völlig anderes Gleisnetz neben dem Ihren aufgebaut wurde, auf dem die schnittigere, freiere, billigere, schnellere, phantasievollere, aktuellere Kommunikation stattfindet. Wo Trends nicht von Marketing gehyped in Geschäftsmodelle münden sondern Kreativiät auch ohne Etat zu Größe findet.
Anstatt also zu sagen "Au weia, wir haben ja völlig blind alles verpeilt und stehen jetzt daneben und müssen erstmal schauen, den Anschluß zu finden" versuchen sie nun, auf fahrende Züge aufzuspringen (was,wie jeder, der das mal versucht hat, nicht funktioniert). Auch daß diese Züge und dieses Netz für den klassischen Blick auf solche Dinge keinen Urheber hat, trägt zu Verwirrung bei. Und zu der irrigen Annahme, man könne das ja dann einfach vereinnahmen. Von außen betrachtet sieht das dann lustig aus: Da stehen dann so vermeintlich wichtige Menschen, die so tun, als schubsen sie einen vorbeirasenden Zug an. Wie lächerlich. Wie irrelevant. von Jens Scholz direct link
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