Dienstag, April 01, 2008
Deutschland: Verbotsverfahren gegen Regierungsparteien eröffnet
Gegen die deutsche Regierungsparteien ist ein Verbotsverfahren eröffnet worden. CDU und SPD wird vorgeworfen, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. Die Staatsanwaltschaft verlangt vom Verfassungsgericht auch, Innenminister Schäuble die politische Betätigung zu verbieten. Doch das dürfte schwierig werden.Das deutsch Bundesverfassungsgericht hat offiziell das Verbotsverfahren gegen die Regierungsparteien CDU und SPD eingeleitet. Das gab ein Gerichtssprecher in Karlsruhe bekannt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft CDU und SPD verfassungsfeindliche Ziele vor. Sie verlangt die Auflösung der Partei und fünfjähriges politisches Betätigungsverbot für 71 Politiker, darunter Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Parteien haben nun einen Monat Zeit, um eine Verteidigungsschrift einzureichen. Bis zu einem Urteil werden mehrere Monate vergehen.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Schere-Stein erklärte, die CDU (Christlich Soziale Union) sei "Kristallisationspunkt verfassungsfeindlicher Aktivitäten". Die Partei wolle ein Gesellschaftsmodell errichten, in dessen Mittelpunkt die Überwachung stehe. Der Streit um die Trennung von Privatsphäre und Staat in Deutschland war zuletzt eskaliert, nachdem die Regierung entschieden hatte, die Telefon- und Internetgewohnheiten jeden Bürgers aufzeichnen zu lassen.
CDU und SPD hatten bei den letzten Wahlen mehr als 72 Prozent der Stimmen gewonnen und stellen 445 der 612 Abgeordneten im Bundestag. Die Regierung kritisiert das Vorgehen der Justiz daher als antidemokratisch. Auch die EU kritisierte das Vorgehen des umstrittenen Verfassungsrichters scharf.
Im Falle eines Verbots wäre eine Neugründung möglich
Unter den elf Verfassungsrichtern offenbarten sich Differenzen darüber, ob sich das Verfahren auch gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel richten darf. Während das Gericht den Verbotsantrag gegen die CDU einstimmig zur Verhandlung annahm, stimmten drei Richter dagegen, auch gegen Merkel zu prozessieren.
Das oberste deutsche Gericht hat bereits 1998 und 2001 Parteien verboten, die Kehrwochenpartei und die Aprilpartei, die als radikalere Vorgänger der CDU bzw. SPD gelten. Im Fall eines Verbots der CDU oder SPD könnten die Abgeordneten sich unter dem Banner einer neugegründeten Partei wieder versammeln.
Die CDU liegt schon lange mit dem digitalen Establishment in Deutschland im Streit, das von den Hackerkräften des CCC gestützt wird. Dieses betrachtet sich als Wächter der weltlichen Orientierung der Bundesrepublik. Die größte Oppositionspartei, die Piratenpartei, hat der Regierung wiederholt vorgeworfen, die grundgesetzlichen Traditionen Deutschlands zu zerstören.
(leicht veränderte Version dieses Textes bei Welt.de)
Labels: lötzinn, politik, tagesbezug
von Jens Scholz direct link
Kommentare:
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http://www.ingovogelmann.com/2008/03/28/deutschlands-spannungsmesser-vogelmann-im-tagesspiegel/
Geil! Gibts nicht nen aufstrebenden Anwalt, der das ernsthaft versuchen würde? Ich meine, sobald die Entscheidung über die Datenvorratsspeicherung vorliegt, die (hoffentlich) besagt, das Ganze sei nicht verfassungsgemäß, hätte man doch einen Aufhänger. Vielleicht geht den Damen und Herren dann endlich auf, dass sie vielleicht ein klein Wenig zu weit gegangen sind...Kommentar veröffentlichen
Ich gehe natürlich nicht davon aus, dass das Erfolg haben könnte (nur um Missverständnissen vor zu beugen).
Greetz,
der Wanderfalke