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Sonntag, Oktober 25, 2009

Beleidigte Leberwurst 1.0
Ein Paradebeispiel eine klassischen Projektion hat Adam Soboczynski für die Zeit geschrieben. Unter dem Titel Höfische Gesellschaft 2.0 finden sich mal nicht die üblichen Vorurteile und Klischees über Social Media und "dieses Internetz", sondern eine ganz seltsam verschwurbelte und vor allem so kompliziert gestelzt - ich kenne das von den Erstsemestern der Germanistik, die glauben daß man beeindruckt ist wenn man ihren Kram erst nach drei mal lesen versteht - geschriebene Argumentation, die am Ende zum Urteil führt, daß Social Media irgendwie undemokratisch ist.
Stefan hat auf Facebook folgende Zusammenfassung geschrieben:
Die etablierte Bürgerlichkeit (in Gestalt des Studienratmagazins schlechthin) wehrt sich gegen Social Media, weil, so der Tenor, FB und Konsorten nicht die Demokratie befördern, sondern quasi die adelige Klientelkommunikation wiederbeleben. Dass die "Zeit" aber selbst mit ihrem schwurbelig-langatmigen Duktus nur eine sehr begrenzte Bildungsbürgerelite anspricht, wäre die andere Seite der Medaille. Ein wenig originelles, unfundiertes Rückzugsgefecht.
Soboczynski formuliert seinen Vorwurf selbst so:
Die irrige Annahme, Soziale Netzwerke stärkten demokratische Meinungsbildung, mag der hämischen Beobachtung entsprungen sein, dass dort bislang Mächtige desavouiert werden. Die Anbiederung der politischen Klasse an die Netzwelt, die emsige Twitterei von Bundestagsabgeordneten, der Facebook-Auftritt der Kanzlerin zeigt willfährige Knechte des Internets, keineswegs machtvolle Protagonisten. Berühmtheiten stellen sich darin aus, um Freier buhlend, wie die Nutten auf Ausfallstraßen. Prominenz verkommt sogleich zur Semiprominenz.
Die irrige Annahme ist allerdings die, daß Demokratie entstünde, wenn "Mächtige desavouiert" würden. Demokratie entsteht dann, wenn Menschen frei und ohne Einflussnahme von Politik oder Medien miteinander diskutieren und kommunizieren können. Wenn jeder Informationen veröffentlichen, abrufen und verbreiten kann. Das filtern von Wichtigem und Unwichtigem, von dem was mich interessiert und nicht interessiert, von dem was ich glaube und wo ich skeptisch bin, im Prinzip also das, was man als Medienkompetenz bezeichnet, beschreibt er als "aristokratischen Selektionsmechanismus":
Missliebige Kontaktaufnahmen klickt man kalt weg, jene, die sich aufdringlich oft zu Wort melden, werden kommentarlos ausgeschaltet. Man bewertet Redebeiträge umgehend, indem man anklickt, ob sie einem gefallen.
Wenn seine Beobachtung daraus nun ist...
Dem Sozialen wird damit ein Dezisionismus unterlegt, der Eros und Gewitztheit beflügelt. Exaltiertheit schlägt Scham, Schlagfertigkeit stille Größe, Präsenz Zurückgezogenheit, Theatralität Wahrhaftigkeit, Affektkontrolle Unverstelltheit. Der schweigsame Sonderling, dem man einst ? ob berechtigt oder nicht ? Intellektualität unterstellte und Seelentiefe, findet im Netz keine Ausdrucksform. Soziale Netzwerke bilden ein Reich von Höflingen, die galant auf sich aufmerksam machen. Sie sondern den Zögerlichen, den Nachdenklichen, den Schüchternen aus.
...dann denke ich einfach, er muss einfach noch lernen, die richtigen Freunde zu bestätigen, die Beiträge gut zu bewerten, die er mag, den Twitterern zu folgen, die ihm gefallen und was bringen und er muss aufhören, sich einem projezierten Idealbild - oder auch Klischees - eines Social Media Nutzers anzubiedern, dann hört das Anbiedern nämlich auch schon auf und plötzlich ist er umgeben von genau den Leuten, die er im Moment so sehr zu vermissen scheint. Das Netz ist nämlich gerade für die Sonderlinge, die mit der Intellektualität und Seelentiefe, eine beliebte Plattform und oft die lang ersehnte Chance auf Vernetzung und Bestätigung. Der Punkt ist nicht, daß die nicht da sind, sondern daß er so angestrengt im langweiligen Mainstream der oberflächlichen Selbstdarsteller herumschwimmt und deswegen die schönen Nebenflüsse nicht findet. Oder gar nicht weiß, daß es die gibt.
Oder kurz: Er benimmt sich wie jemand, der nur Formatradio hört und deswegen zum Schluss kommt, es gibt keinen Jazz mehr.

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von Jens Scholz   direct link     
 

Kommentare:

.
 
ehrlich gesagt, war ich nach lektüre ebenjenen artikels recht ratlos, ob der autor überhaupt eine haltung hat und der text eine aussage. (wird man als journalist eigentlich pro wort bezahlt?)
 
"Er benimmt sich wie jemand, der nur Formatradio hört und deswegen zum Schluss kommt, es gibt keinen Jazz mehr": Das ist doch mal eine treffende Quintessenz. Zumal - wenn man genauer liest - deutlich wird, dass der Autor nur einen Sender gehört hat: Facebook.
Jedenfalls hat mich die Einseitigkeit des Artikels auch geärgert und zum Widerspruch getrieben (http://www.thorstena.de/?p=1692) - und nun bin ganz froh, dass das nicht nur mir so ging... Danke.
 
Hm... ich lese die Zeit UND berate Leute in Sachen Facebook und Social Media. Dann ist bei mir wohl Hopfen und Malz verloren? ;-)
 
hm....in Zeiten, wo die Lese-Schreib-Kompetenz weiter Bevölkerungsteile anscheinend(?) auf SMS Texte eschränkt bleibt, ist es ggf. wirklich fraglich, ob eine Schrift-Kultur wie SM nicht doch eine Art Eliten-Debattiert-Club ist. Übrigens halte ich es für eine äusserst fragliche sache, ob damit Demokratie geschaffen wird, schlimmmstenfalls ist es eine Parallelwelt (Elfenbeintunrm); die Kräfte, die anti-demokratisch agieren, haben ganz andere Mittel als das bisschen Internet. Auch nur so ne Meinung. FausRöOR
 
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.. jens scholz ..

personal news in undefinierter dringlichkeit, wichtigkeit oder thematik .. ein subjektives log als experiment, wie lange dinge, die wichtig erscheinen, es in wirklichkeit bleiben ..


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