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Donnerstag, Mai 07, 2009

Politiker, Journalisten, alte Blogger, junge Blogger
Ich war schon kurz davor, einen langen Artikel zu schreiben, aber dann hatte ich am Ende keine Lust mehr und so schreibe ich hier keinen Artikel darüber, warum ich ganz froh bin, daß "Blogs auch 2009 vor der Wahl bedeutungslos" sind und warum Don Alphonso beispielhaft für viele an dem, was wirklich relevant ist und Bedeutung hat, ein paar Meilen vobeischaut.
Ich schreibe keine lange Erklärung, warum alte Blogger-Hasen die meinen, daß dieses Blogsding "in einer Depession" stecke oder gar tot ist, einfach nur die Fehler eines typischen kleinen Establishments macht, weil sie halt noch im Internet von vor vier Jahren feststecken: Sie sehen zwar, daß der ein oder andere alteingesessene Blogger nachlässt oder aufhört, aber haben die vielen guten neuen Blogs und begeisterten Blogger gar nicht bemerkt, die es inzwischen gibt (und auf die ich dankenswerterweise täglich stoße, weil sie meinen Zensurartikel verlinken). Sie sehen auch, daß Links aus Blogs weniger werden, daß die Links aber inzwischen auch von Twitter und Social Networks kommen, über Life- und Tumblefeeds, daß die Artikel in und über Themenaggregatoren und Mashupfeeds aller Art gelesen werden, daß überhaupt das Internet sich endlich ein paar Varianten des Lesens und Sendens ausgedacht hat, die die vielen Facetten der kommunikation viel besser unterscheiden kann und - endlich - auch Kanäle kennt, die vergessen können, übersehen sie dabei, oft sogar obwohl sie die auch selbst nutzen.
Ich wollte was darüber schreiben, wie wir es doch mit Hilfe dieser in Wirklichkeit ganz hervorragend funktionierender Kanäle gerade schaffen, aus Anlass einer wahlkampftaktisch amoklaufenden Familienministerin Menschen zu politisieren, die bislang unpolitisch waren. Wie sich viele Menschen darüber gerade selbst entdecken und erfahren wie es ist, Laut zu werden. Wie sich manche satirisch, manche politisch, viele aufklärerisch und manche einfach nur verärgert äußern und bemerken, daß ihre Äußerung einen Effekt hat. Wie das dazu führt, daß eine knappe Woche reicht, um mit Leichtigkeit 50.000 Stimmen für eine Petition zusammenzubekommen (in diesem Augenblick, donnerstag 22h, fehlen nur noch die letzten 1000 Stimmen). Daran daß das klappt habe ich spätestens seit Dienstag morgen etwa keine Sekunde mehr gezweifelt.
Ich wollte darüber schreiben, wie gerade die offenkundige Unfähigkeit der Politiker dazu führt, daß Menschen merken, daß sie eine Stimme haben und die Haltung "Ich kann doch eh nichts tun" vor Zorn oder Schrecken endlich überwinden. Wie sie dazu führt, daß Menschen sich politisieren und die neuen politischen Alternativen plötzlich bemerkt werden und Unterstützung finden. Und daß ich eigentlich hoffe, daß die Politiker ihre Weltfremdheit noch mehr entlarven und die Menschen, die gerade ihre Stimme wiederfinden, noch mal so richtig in Rage bringen indem sie versuchen werden, die Petitionsunterzeichner als Päderastenfreunde zu verunglimpfen. Und ich lasse es sein, weil es ja doch nur "stating the obvious" wäre.
Ich wollte über die Journalisten schreiben, die bald niemand mehr braucht, um eine Kampagne zu führen. Darüber daß Kampagnen letztlich in Zeiten der Schwarmintelligenz auch gar nicht mehr geführt werden und auch hier Politiker, Blogger und Medien auf der Suche nach den Relevanzgebern und Leitfiguren so lange nur traurig Verluste melden, solange sie nicht bemerken, welchem grundlegenen Irrtum sie begehen weil sie auf der Suche nach dem relevanten Baum den riesigen Wald nicht sehen.
Ich wollte über die Journalisten schreiben, denen man offenbar die Fakten und Zahlen so exakt vorkauen und doppelt und dreifach belegen kann wie man will. Selbst wenn man ihnen die Quellen auf dem Silbertablett präsentiert, traut sich keiner an die Story dran und die Interviews, die sie machen müssten, macht Sascha Lobo. Die Artikel über die Petition, die Kritik und den Widerstand im Netz lesen sich - natürlich oft nur in der Onlineausgabe - momentan wie Berichte über seltsame Vorkommnisse in Mittelamerika. Da wird so vorsichtig höchst distanziert zitiert was "Kritiker meinen" oder worüber man "sich in Technikkreisen einig scheint", daß man sich wünscht, so vorsichtig könnte mal berichtet werden, wenn wieder mal das Privatleben irgendeiner HIV positiven Castingband-Sängerin nachhaltig medial vernichtet wird. Ich dachte, ich müsste mal schreiben darüber, daß die Medien inzwischen viel langsamer und leichter manipulierbar sind sind als wir, verstehen die ja jetzt erst so langsam, wie sie auf Frau von den Layens Lügen reingefallen sind. Journalisten dagegen, die kapieren, daß es hier nicht um vernachlässigbare Freaks geht sondern um einen relevanten Teil dieser Gesellschaft sind die Ausnahme.
Ich wollte schreiben, daß auch das gut ist: Es stärkt das Selbstvertrauen der Menschen, die merken, daß sie keine Politiker brauchen, die ihnen unsinnige Vorschriften machen und nun stattdessen von diesen Politikern verlangen, sich für ihre Belange zu interessieren und ihre Freiheit zu schützen. Und daß sie merken, daß sie keine journalisten brauchen, die dümmer und ignoranter sind als sie. Und ja, ich bin froh, daß es sich bei diesen Menschen nicht um "die Blogger" handelt, sondern eben um alle und daß "die Blogger" halt nur ihren kelinen Teil zu all den anderen Informationen dazu tun, weil sie ein Teil dieser Gemeinschaft sind. Blogger - um wieder zum Anfang dessen zu kommen, worüber ich hier nichts schreiben will - eine höhere Relevanz zukommen lassen zu wollen oder von ihnen zu erwarten ist rückwärts gedacht. Ist "Soziale Medien" nicht mal im Ansatz verstanden zu haben.
Ich behaupte übrigens auch nicht, sie zu verstehen. Ich benutze sie einfach, teils bewusst, teils intuitiv. Und ich habe vorletzten Samstag dabei unter anderem einen Artikel in meinem Blog - das im Normalfall gerade mal etwa 300 Leser und 200 Feedabrufe am Tag hat - geschrieben und danach einmal in Twitter erwähnt. Der Artikel wurde inzwischen in ungefähr 200 Blogs und etwa 50 Foren veröffentlicht oder verlinkt. Ohne einen einzigen Klick aus einem "richtigen" Medium kam der Artikel nach drei Tagen auf 10.000 Abrufe allein bei mir - dabei nicht gezählt die Leser der 250 Blogs und Foren und Mails. Eine Verbreitung fast ausschließlich über diesen ominösen "Long Tail", was ja etwas sein soll, was - noch ein Rückgriff auf den Anfang dessen, worüber ich heute nichts schreiben wollte - es ja angeblich gar nicht mehr gibt. Irgendwas mache ich da also wohl ganz richtig.

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von Jens Scholz   direct link     
 

Kommentare:

Aktuell sind es bei #Zensursula gerade 51.882 Mitunterzeichner der e-Petition. Schön zu erfahren, dass das Web und seine Communities funktionieren. Ob über Blog, Microblogging, Chat, Wikis, Skype,... ist egal.
 
Vielen Dank für diesen sehr schönen Artikel. Mich als Fast-Neu-Blogger (Sept 08) nervt es irgendwie immer, wenn ich das Gefühl bekomme etwas zu machen, was eigentlich schon vorbei sei. Gab sogar schon Artikel zum Ende von Twitter, das mir eine Reihe von Lesern beschert hat.

So, das wollte ich mal loswerden.
 
Wirklich sehr schöner Artikel und ich hoffe sowohl, dass bald die frischen, neuen Blogs mehr Aufmerksamkeit bekommen (woran ich nicht zweifle) als dass auch Zensursula bald fällt (worauf ich hoffe).
 
Ach, darüber kannst du ruhig mal was schreiben. vielleicht was kurzes? muss ja nicht lang sein ;-)

schön alles auf den punkt gebracht!!
auch wenn du nicht darüber geschrieben hast...

hmm, das ist ja wie bei dr. who..
 
sehr netter (nicht-)artikel, aber zumindest nicht ohne ansätze zur kritik.

habe mir mal die freiheit genommen zu kommentieren...
http://mborchardt.blogspot.com/2009/05/replik-politiker-journalisten-jens.html
 
93,65% Zustimmung zu dieser Bestandsaufnahme der Bloggerei in den Tagen des Niedergangs des Journalismusses.
 
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personal news in undefinierter dringlichkeit, wichtigkeit oder thematik .. ein subjektives log als experiment, wie lange dinge, die wichtig erscheinen, es in wirklichkeit bleiben ..


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