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Samstag, Juni 20, 2009

Der Freiheitskämpfer im Ausland ist der Terrorist im Inland
Ich habe mich zum Thema Iran zurückgehalten. Mit Absicht, denn so einfach, wie es sich manche machen, ist es nicht: Moussavi ist beileibe kein heldenhafter Reformpolitiker, der im Handstreich ein repressives Regime in eine leuchtende westlich Demokratie verwandeln will. In diesem Fall wäre er vom den Iran in Wirklichkeit führenden - und von Moussavi keineswegs in Zweifel gezogene - Wächterrat gar nicht erst zur Kandidatur zugelassen worden.
Dennoch: Die Wahl scheint recht offensichtlich gefälscht zu sein, dazu braucht man kein Sherlock zu sein. Und daß dort unten ein an der Macht hängender Präsident mit seinem Staatsapparat gerade jede Menge Unrecht am iranischen Volk begeht ist inzwischen auch offensichtlich.
Ein Schlüsselkanal, um Informationen aus dem Land und in die Welt zu bekommen ist natürlich auch wieder einmal aufs Neue das Internet, das sich inzwischen als ein zuverlässiges Medium etabliert hat, um Ausgangssperren für Journalisten, Zensur und scharfe Grenzkontrollen zu umgehen, mit denen ein Regime noch in für mich erinnerbarer Zeit relativ gut verhindern konnte, daß die Welt erfährt, was eigentlich in genau diesem Moment passiert.
Politiker und Journalisten sind sich gleichermaßen einig, daß es mutige Menschen sind, die es seit Tagen schaffen, Bilder und Filmmaterial übers Internet aus dem Land zu schaffen. Sie sind sich einig, daß es großartig ist, wie die Netzgemeinde auf der ganzen Welt durch ununterbrochenes Bereitstellen von z.B. ständig wechselnden Proxy- und TOR-Servern die Kanäle offenhalten, die die für Iranischen Menschen lebensnotwendig sind, um der Welt zu zeigen, was im Land gerade passiert. Auch ich bin momentan daran beteiligt, die Finanzierung für zwei neue TOR-Server zu sichern, die ein befreundeter Provider und Netzaktivist kostenlos betreuen wird, so lange es nötig ist. Unter anderem auch deswegen bin ich heute etwas zu spät in Düsseldorf bei der Demo gegen Netzsperren aufgetaucht.
Und hier kommen wir doch endlich auch mal zum Thema Es geht gar nicht um ein paar DNS-Sperren. Es geht auch nicht um Kinderpornografie und um angeblich rechtsfreie Räume für ein paar Musikdownloads oder einen Filmstream, den ich mir im Kino ohnehin nie angesehen hätte. Es geht um die Angst eines Staates vor Kontrollverlust. So sehr unsere Politiker über die Findigkeit und Kreativität jubeln, mit der im Moment iranischen Menschen geholfen wird, auf ihre Situation aufmerksam zu machen so sehr werden sie auch daran erinnert, daß die selbe Transparenz ihnen hier ihr schönes System aus sorgfältig und teuer aufgebauten Lobbysatelliten (wie z.B. die Deutsche Kinderhilfe) ans Licht zerrt. Daß ihnen ihre manipulativen Umfragen, mit denen Sie Jahrzehnte lang mit ihrem repräsentativen und unabhängigen Anstrich den Schein erweckten, die Wähler seien mit ihrer Arbeit einverstanden, nun die Ohren fliegen, weil sie schon am selben Tag im Netz komplett durchanalysiert und entlarvt werden.
Und sie wehren sich dagegen mit den Mitteln die alle ängstliche Menschen einsetzen: Mit Verboten, mit Repressionen, mit wüsten Verunglimpfungen.
Deswegen wundert mich nicht, was Fiete Stegers als "Schizophren" betitelt:
Leicht schizophren ist aber wieder das Echo dieser medialen Proteste in Deutschland. Wenn im Iran oder anderen autoritären Staaten Netz-Schreiber gegängelt werden, werden sie regelmäßig in Medien, von Journalisten-Organisationen und Politikern als Internet-Dissidenten oder Online-Journalisten bezeichnet. Und werden gefeiert.
Deutsche Blogger werden dagegen immer noch häufig belächelt, für belanglos erklärt oder als gestörte Internet-Freaks behandelt. Bürgerjournalisten werden als Gefahr für die Medienqualität abgestempelt.
Dabei geht es gar nicht nur um Blogger. Die Medien und Politiker sehen in den Menschen hiter der Pirate Bay nur Raubkopierer und Urheberrechtsbrecher. Wie passt in dieses Bild, daß genau diese leute diejenigen sind, die mit Anonymous Iran eine der wichtigsten Koordinationspunkte für den freien Informationsfluss aus dem Iran stellen? Während Regierungen über Resolutionen brüten und in Protestnoten Pressefreiheit verlangen (natürlich vergeblich, wozu wurde denn die Pressefreiheit im Iran wohl abgeschafft)?
Die Leute, die da gerade für ihr Engagement bejubelt werden weil es für sie eine völlige Selbstverständlichkeit ist, die Informationsfreiheit dort zu ermöglichen, wo sie staatlich beschnitten und unterdrückt wird, die Leute werden hier von unserem Wirtschaftsminister als Pädokriminelle bezeichnet, das sind "diese... Internetcommunitybenutzer", das sind diese amokgefährdeten Killerspieler, das sind diese Schäubleschen "Störer" (deren TOR-Server Anlass für Hausdurchsuchungen sind) und die Leute, die meinen, auch Bombenbauanleitungen sind relevante Informationen weil die Welt nunmal nicht nur aus schönen Blümelein besteht. Das sind diese Star Trek zitierenden pickeligen Nerds, die komisch riechen und trotzdem plötzlich eine Partei mit einem lächerlichen Namen gründen und unsere Verfassung beim Wort nehmen. Das sind diese Hacker, die auch mal die Seite eines Hinterzimmervereines defacen, weil das immer noch ehrlicher ist, als auch nur ein einziges Wort ihres populistischen Chefideologen.
Und nun ist da plötzlich normales Volk, sind es z. B. 40-jährige Familienväter wie ich, die sich mit dem, was diese Menschen da machen, solidarisieren. Davor kann man schon mal Angst bekommen als "Volks"partei.

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von Jens Scholz   direct link     
 

Kommentare:

Es ist schon eine Ironie des Schicksals, dass in Deutschland just in dem Moment eine Zensurinfrastruktur beschlossen wird, in dem eine solche im Iran viele Menschenleben kostet.

http://verlorenegeneration.de/2009/06/20/zensur-infrastruktur-fallbeispiel-iran/
 
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.. jens scholz ..

personal news in undefinierter dringlichkeit, wichtigkeit oder thematik .. ein subjektives log als experiment, wie lange dinge, die wichtig erscheinen, es in wirklichkeit bleiben ..


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