Sonntag, November 15, 2009
Bin ich eigentlich der einzige
der diese Enke-Geschichte in den letzten Tagen völlig over the top findet und die Art und Weise, wie die Medien sich hier auf Herrn Enkes Kosten einen supergeilen Großevent zusammengehyped haben, als bisherigen Tiefpunkt des deutschen Journalismus ansieht? Was soll vor allem dieses von Beckmann (von wem auch sonst) moderierte Staatsbegräbnis, das da grade im Fernsehen läuft?
Und wie eklig ist eigentlich diese Bildzeitungs-Aktion auf Facebook, die ich mit dem Hinweis darauf, daß ich sie "offensive" finde, weggeklickt habe?Update: Stefan über die Gefahren der Heroisierung des Selbstmordes
Studien haben gezeigt, dass die Suizidrate nach Berichten über Suizide unter anderem ansteigt,Check, check, check, check und check!
wenn das Opfer besonders prominent ist
wenn die Berichterstattung prominent auf den Titelseiten stattfindet
wenn sich die Berichterstattung über Tage hinzieht
wenn der Ort und die Methode des Suizids genau beschrieben wird
wenn sich gefährdete Menschen mit dem Opfer identifizieren können.Labels: enke, journalismus, medien
von Jens Scholz direct link
Kommentare:
Nee, wir hatten´s hier auch gerade davon. Brot und Spiele halt. Superdümmliches Posthumgesülze alles das.
Nein, da bist Du nicht alleine. Und trotzdem wirds leider gemacht/gesendet und bestimmt auch konsumiert. Und ich bin auch angewidert davon, wie sich da gesuhlt wird...
Habe mich Anfang der Woche schon gewundert, wer oder was Frau Enke dazu gedrängt hat, diese unsägliche Pressekonferenz zu geben - ich kann mir nicht vorstellen daß Sie sich freiwillig dermaßen exponiert hat ?!
Und was war es bei Enke, das den Medien diesen Auslöser gab ? Als seinerzeit ein oder zwei Fußballer auf dem Platz umgefallen und verstorben sind, gabs doch auch nicht so eine Leichenfledderei ?
Leider überkommt mich die Befürchtung, daß wir in Zukunft noch bei viel mehr Gelegenheiten so eine "Ausschlachtung" sehen werden, nur damit die Sendeminuten und Auflagen mit irgendwas gefüllt und die Marktanteile nochmal um ein paar Zehntel verschoben werden können...
Und wie gesagt - das nicht zu konsumieren hält die Aasgeier leider nicht davon ab, das zu produzieren, und jedes Mal die Angehörigen noch mit auszuweiden...
sic transit gloria mundi.
o tempo'a, o mo'es. ;)
Das größte Problem das ich damit habe ist ja nicht die Geschmacklosigkeit oder diese völlige Unverhohlenheit der Ausweidung. Ich stell mir die Frage inwieweit den Medien eigentlich bewusst ist, daß sie hier einen Selbstmord glorifizieren und wie das in der Wahrnehmung suizidgefährdeter Menschen aussieht. Ich will jedenfalls nicht Lokführer sein in den den nächsten Wochen.
hm, also emotional kann ich euch folgen, bei mir hat das auch diese reaktion ausgelöst. aber: ein anlass muss sich eben auch eignen, um so aufgeblasen zu werden. und das tut dieser anlass wie ich denke.
man beachte mal den fokus der berichterstattung: "verkannte volkskrankheit depression", "böse leistungsgesellschaft, die uns alle kaputt macht" etc. pp. ich denke das ist der kern der sache. der anlass eignet sich deswegen, weil ein millionenheer kleiner, "gefühlter enkes" dort einen messias erkennt, einen aus der eigenen mitte, der im extremen das erleiden muss, was die leute gefühlt auch tagtäglich erleben. frustration, überforderungsgefühl, machtlosigkeit.
dass die medien das auf diese art ausschlachten, ist eigentlich nur logisch, ich meine was anderes als boulevard gibt es ja eigentlich fast nicht mehr in der deutschen presselandschaft.
schau dir mal an, was die Bildzeitung veranstaltet hat, da gehts nicht um verständnis oder gesellschaftlche selbstreflexion da trieft der sabber der von sich selbst aufgegeilten boulevardmedien völlig ohne scham.
jeden tag bringen sich in deutschland zig menschen um, wahrscheinlich eine menge davon wegen depressionen. jetzt hat es mal einen promi erwischt und ja, diese auswaidung ist ekelhaft. trotzdem: meine persönliche aufregung gilt eher anderen entwicklungen: http://science.slashdot.org/story/09/11/15/1734238/New-Dating-Sites-Match-People-Through-DNA-Tests/
Glorifizierung ist ja in diesem Falle schon Understatement. Staatsakt mit 40.000 Fans? Mann, da kriege sogar ich Lust auf eine Ecke Selbstmord. Und ich kenne Depressionen aus nächster Nähe.
Hat die Bild mittlerweile Sun-Niveau? Viel tiefer dürfte es nicht mehr gehen.
Auch wenn ich wie die "alte Fasnet" hinterherhinke, wollte ich doch meinen Senf zum Thema Enke geben.Kommentar veröffentlichen
Dass ein Mensch so verzweifelt ist, dass er sich umbringt, ist kein Einzelfall (da gibt es diverse prominente und nicht prominente Beispiele). Im Fall Enke hat es mich persönlich deshalb berührt, weil er -meiner Meinung nach- trotz Promi-Status normal geblieben ist.
Eine Werbung wie Bild (Facebook?) sie macht, ist trotzdem absolut unnötig und unter der Gürtellinie. Der Tod eines Menschen ist etwas persönliches, da haben Massenmedien nichts zu suchen.
Und ob der Tod eines jungen Nationaltorwarts den gleichen Stellenwert (medial!) hat wie der von Konrad Adenauer lasse ich mal dahingestellt...