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Sonntag, Dezember 31, 2006

Ein Blogjahr im Sperrfeuer
2006 war für mich ein besonderes Jahr, was das Bloggen angeht. Ich hatte vorher fünf Jahre gemütlich vor mich hin geschrieben, habe zwar gemerkt, daß die Leserzahlen in dieser Zeit langsam aber stetig angestiegen waren, aber die beiden Knaller im Januar und März waren trotz allen Erwartungen eine Überraschung gewesen.
So nett die Effekte, die Anlässe waren ärgerlich: Zum einem Jean-Remy von Matt, dessen Gejammer ich damals ins Fahrwasser der in der Rückschau wirklich harmlosen Affären um Papa Klum und das Sozialgericht Bremen gekippt hatte. Wie im Vorgriff auf die weiteren Ereignisse des Jahres gab er den Prototypen ab für alle diejenigen, die nicht verstehen konnten oder wollten, was da im Internet und mit den Blogs gerade passierte. Wir haben ihm seine "Klowand" als Schimpfwort abgenommen und komplett umgedeutet. Eine Horrorvorstellung für jeden Brandmanager (Er hats später ja nochmal mit der Kreation eines eigenen, inzwischen längst vergessenen, Buzzwords versucht, daß das trotz einiger medialen Unterstützung überhaupt nicht zog, dürfte nochmal wehgetan haben) und ein Vorgriff auf ein Jahr voller verknöcherter Angstbeißer, die meinten, Anwälte könnten die Entwicklung dieser neuen Art von Öffentlichkeit verhindern.
Das ging dann auch schon relativ schnell los. 2006 wurde in Deutschland ein Abmahnjahr und ich glaube nicht, daß da schon ein Zenit erreicht ist. Euroweb war wohl die erste Firma, an der die Blogger vorexerzierten, daß sie fähig sind, einen anständigen Gegendruck zu erzeugen. Seltsamerweise lernte in der Folgezeit kaum eine Firma daraus. Oder eine Organisation. Transparency International versuchte es bei Moni auf wirklich jede klassische Art: Man drohte mit teuren Gerichtsverfahren, man nutzte die Kontakte zu den Medien, man vermied (wie schon JRvM) den direkten Kontakt im unerschütterlichen Bewusstsein, daß solcherartiges für eine mächtige Gruppe politischer bzw. wirtschaftlicher Wichtigtuer gar nicht zur Disposition stand. Und am Ende stand Transparency International als überheblicher, ignoranter und intriganter Haufen alter Männer da, die wahrscheinlich in ihrer Verbohrtheit bis heute keine Ahnung haben, warum sie eigentlich so derart auf die Fresse bekommen haben.
Die Hoffnung, daß in den folgenden Monaten wieder Ruhe einkehren würde, war recht kurz, denn jeden Monat gab es neue Abmahnungen, wöchentlich berichtete ein weiterer Blogger von neuen Versuchen, unliebsame Meinungsäußerungen per Anwalt loszuwerden und wir sind weiterhin gefordert, dafür zu sorgen, daß es nicht gelingt, daß diese Praxis erfolgreich wird.
Ich fürchte, nächstes Jahr wird das noch viel schlimmer. Auf die Gesetzgebung brauchen wir nicht warten. Allerdings finde ich, wenn wir uns mal das Beispiel der Mieterschutzvereine genauer anschauen, durchaus, daß es erprobte Möglichkeiten gibt, hier Gegengewichte zu installieren und auch wenn man die Vorstellung unsexy findet, es wird uns am Ende wohl nichts anderes übrig bleiben. Denn letztlich kann esjeden erwischen. Moni ist keine bloggende PR-Frau, ich bin kein Journalist, René ist kein Musiker, Thiema ist kein Bildredakteur. Hier geht es in jedem einzelnen Fall immer nur um einzelne Personen. Und darum, daß wir uns den Raum, den wir uns in den letzten Jahren hier im Internet eröffnet haben, nicht wegnehmen lassen. Weder von Anwälten, noch von Brandmanagern und auch nicht von den 2007 in Massen auf uns zukommenden Versuchen, uns für Geschäftsmodelle aller Art zu vereinnahmen. Wenn es ein Jahr gibt, in dem mir klar wurde, daß wir gut auf uns und die Blogger in der Nachbarschaft aufpassen müssen, daß wir unsere Solidarität weiterhin aktiv praktizieren und den Freiraum von Demokratie und Meinungsfreiheit, den wir uns hier neben den sauber abgeschirmten Medienkanälen geschaffen haben, verteidigen müssen, dann war es dieses.

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von Jens Scholz   direct link     
 

Kommentare:

Zwar finde ich es - genau wie Du - sehr wichtig, dass Blogger sich weiterhin entschlossen für ihr Recht zur freien Meinungsäußerung einsetzen und halte es für unbedingt nötig, dass sie sich auch künftig gemeinsam gegen jeden Versuch der Unterdrückung ihrer Veröffentlichungsrechte zur Wehr setzen. Trotzdem halte ich persönlich überhaupt nichts von der Installation irgendwelcher Strukturen mit Vereinscharakter in der Blogosphäre. Ich habe nämlich im Laufe meines Online-Daseins schon mehr als einmal die Erfahrung gemacht, dass Webcommunities sich selbst zerstörten, weil ihre Mitglieder sich in ehrgeizigen Grabenkämpfen um (erfundene) hierarchische Positionen verzettelten, statt sich um die gemeinschaftlichen Interessen zu kümmern. Um sowas mach' ich einen großen Bogen.
 
es kommt ganz drauf an, was man macht. vereine sind ja - entgegen jedes vorurteils - gar nichts hierarchisches (ein vereinsvorstand ist ja nur für die verwaltung zuständig) und wenn man sich nicht zur aufgabe macht, für andere zu sprechen sondern zum Beispiel, blogger auf eigenen wunsch zu unterstützen (mit geld, mit infrastruktur, mit rechtsberatung, mit kontaktvermittlung,...), dann ist das für die profilneurotiker, vor denen man sich da so sehr fürchtet, daß man besser gleich alles sein lässt, auch so uninteressant, daß sie da nicht mitmachen.
 
Aus meiner Sicht haben viele Blogger (und auch Journalisten) wohl was gemacht - nämlich sich aus eigenem Antrieb, eigenverantwortlich für die Meinungsfreiheit anderer (und damit gleichzeitig auch für ihre eigene) engagiert. Das ist doch nicht nichts, oder? Und mir persönlich hat es auch gefallen, dass dazu keine zentrale Führung nötig war.
 
allerdings stimmt es, daß man da aufpassen muss. wie gesagt: das beispiel mietervereine machts gut vor, wie es klappen kann. man kann einen kleinen katalog von aufgaben erstellen, um die man sich dann bei bedarf kümmert. ein reines serviceangebot, als gemeinnütziger verein aufgestellt. keine politik, kein "sprechen für andere", da ist dann auch kein platz für schaumschläger.

von bloggervereinigungen in form von interessensverbänden, die meinen, blogger "vertreten" zu müssen usw. rede ich nicht und da halte ich auch nichts von. allerdings ist die angst davor, daß wer sowas macht, unbegründet, denke ich (und wenn doch, würde der damit sowieso eine sofortige bruchlandung hinlegen).
 
...und die annahme, daß bisherige aktionen automatisch nicht mehr möglich sein sollten, weil wer sich überlegt, was anderes zu machen oder auch die annahme, es könne immer nur eine gleichzeitig mögliche reaktion auf einen missstand geben (warum denn nicht gleichzeitig private aktionen, mediale solidarität, vereinshilfe und alles, was man sich noch ausdenken kann?), ist auch so ein denkkonzept, das ich bis heute nicht begreife.
 
Ich habe ja gar keine Angst vor einer offiziellen Blogger-Organisation. Wer meint, dass er sowas braucht und es ausprobieren will - bitte schön, von mir aus. Ich sagte nur, dass ich persönlich darum einen Bogen machen würde.

In der Theorie klingt es vernünftig, weil da nur sachliche Erwägungen eine Rolle spielen. Aber sobald Menschen ins Spiel kommen, kannst Du (nach meinen Erfahrungen) die theoretischen Modelle knicken.
Öffentliche Aufmerksamkeit zieht nun mal Profilierungssüchtige an. Und je erfolgreicher eine solche Organisation wäre, desto mehr öffentliche Aufmerksamkeit würde sie auch auf sich ziehen.

Wenn Du unabhängig und eigenverantwortlich bloggst, kannst Du für Dich bestimmen, mit wem Du Dich wann und wie solidarisieren willst und mit wem nicht - ohne irgendeine offizielle Begründung. Es zählen nur Deine Bedenken und Dein Bauchgefühl. In einer offiziellen Organisation funktioniert das so nicht. Da braucht man feststehende Richtlinien für derartige Entscheidungen. Und solche (rein objekiven) Richtlinien können eben nach meinen Erfahrungen auf Dauer die destruktiven Kräfte nicht ausschließen...
 
Ok, aber warum diskutierst du mit mir so, als ob ich 1. nicht anerkenne, was blogger geleistet haben, obwohl das thema meines artikels war und 2. eine Bloggerorganisation will, obwohl es da oben im artikel um was völlig anderes geht und das dort nochmal klargestellt hab?
Nichts für ungut, aber das geht mir schon ein bissel auf den keks grade.
 
ich will übrigens auf keinen fall eine offizielle bloggerorganisation. die will mit ziemlicher sicherheit niemand, glaube ich.
ich würde allerdings einen verein gut finden, der bloggern bei rechtsproblemen hilft. vielleicht so ein bissel nach beispiel der mietervereine.
hab ich das schon erwähnt?
 
Antwort zu Teil 1 Deiner Frage:
Zunächst mal ging es mir in meinen Kommentaren nicht darum, Dir vorzuhalten, dass Du das Engagement der Blogger für die Meinungsfreiheit nicht anerkennen würdest - echt nicht, in keinster Weise. Ich wollte hier lediglich zum Ausdruck bringen, dass man dazu m.E. keine offizielle Organisation braucht - weder in der Vergangenheit, noch in der Zukunft.
Zu Teil 2 Deiner Frage: Für mich klang es im letzten Absatz Deines Artikels so, als ob Du Dir etwas in der Art eines Mieterschutzvereins in der Blogosphäre wünschen würdest. Das wäre dann doch eine Art offizielle Organisation, oder?
Es liegt allerdings auch nicht in meiner Absicht, Dir mit der Mitteilung meiner Lesart und Ansicht dazu auf den Keks zu gehen. Also nichts für ungut. Ich wünsch' Dir einen guten Rutsch und einen optimalen Start ins neue Jahr.
 
ok. nochmal anders:
ich will die blogger eben nicht organisieren. das ist quatsch, unnötig und wird nicht klappen, wenns einer versucht. die mietervereine organisieren ja auch keine mieter. um blogger zu sein, braucht niemand in einen verein aber wenn es einen verein gibt, der hilfe und geld organisiert, wenns drauf ankommt, dann fände ich das nicht schlecht.
 
ich mach mit..
 
Danke für die gelungene Zusammenfassung. Tatsächlich ist das Betreiben eines (kritischen) Blogs inzwischen zu einem Vabanquespiel geworden. Ob sich die Situation wirklich so entwickelt wie du skizzierst (und auch ich befürchte)? Vermutlich ja. Denn aktuell sehe ich niemanden in Politik oder Rechtsprechung, der dieser Entwicklung Einhalt gebieten wollen. Abmahnungen sind für Anwälte relativ schnell verdientes Geld, und für Abmahner ein einfacher Weg, öffentliche Meinungsbildung, zumindest aber den public journalism, zu gestalten: Wer das Geld hat, entscheidet, was geschrieben wird - oder in diesem Fall, was nicht geschrieben werden darf.
 
Vielleicht ist ja der Abmahnwelle e.V., http://www.abmahnwelle.de, ein erster Schritt in die richtige Richtung?

@Jens: Meines Wissens nach sind wir weder verwandt, verschwippt, verschwägert oder sonst irgendetwas. ;o)
 
blogger sind ja selten opfer von abmahnwellen, die starke individualisierung schützt uns da ganz gut und ist ja auch bei erfolgten abmahnungen der grund dafür, daß der abmahnende oft genug hinterher mehr schlechte presse hat als wenn ers gelassen hätte.
die abmahnung von bloggern zielt ja auf die vermeintliche schwäche des einzelnen und ist damit auch immer sehr individuell.
 
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